Auf den Spuren der Inka
Unterwegs in Peru
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Prolog
Dirk und ich waren mal wieder unterwegs, und um es vorweg zu nehmen: Der Urlaub war erfolgreich: Uns wurde nichts gestohlen[1][1] Was ja auch eigentlich der Regelfall sein sollte, es aber nicht immer war. - mit Ausnahme von Dirks Badehose,
Unsere Reiseroute in Peru.
Diesmal fanden wir Südamerika als großen weißen Fleck auf unserem Globus und einigten uns schließlich auf Peru, da es dort wohl genug an Kultur aber auch an Natur zu bewundern gäbe. Äußerst hilfreich bei der Planung erwies sich meine Kollegin Svenja, die den Kontakt zu Miguel, unserem späteren Reiseleiter, herstellen konnte. Aber aller Anfang war schwer. Die Absprachen mit ihm klappten zunächst nicht, so dass der Urlaub ins Wasser zu fallen drohte, bis wir quasi in letzter Sekunde doch noch eine Nachricht von ihm bekamen.
Erst stand eine dreiwöchige, von Miguel organisierte Rundreise an, danach sollte eine in Deutschland gebuchte Amazonaskreuzfahrt folgen. Erst auf Nachfrage erklärte uns das Reisebüro, das wir die Vouchers dafür ca. eine Woche vorher bekommen würden. Zu dem Zeitpunkt sollten wir allerdings schon lange in Peru sein, was das Reisebüro aufgrund der dort gebuchten Flüge auch wissen sollte.[2][2] Selber Denken macht bekanntlich schlau. So wurden die Angestellten ein wenig nervös, aber es kam doch noch alles rechtzeitig.
20. Juli (Mittwoch)
Mit dem ICE ging es auf angenehme Art und Weise (Bahnfahren muss nicht immer negativ sein) nach Frankfurt, wo wir in der Pension "Ahlers-Garcia" einen sehr guten Service genossen.
21. Juli (Donnerstag)
Wir gaben unsere vier Gepäckstücke (mein Rucksack, Dirks Reisetasche und ein paar Krücken) auf und flogen gemütlich nach Atlanta (USA), wo wir auch pünktlich angekommen wären, wenn der dortige Flughafen nicht gerade wegen eines Unwetters geschlossen gewesen wäre. So kreisten wir ein paar Warteschleifen und landeten schließlich in Columbia um nachzutanken. Wir erreichten dann doch noch Atlanta, wo wir, obwohl wir Transitreisende waren, unser Gepäck abholen (die Krücken waren nicht auffindbar) und alle Kontrollen (Zoll, Fingerabdruckscan, Gesichtskontrolle) über uns ergehen lassen mussten. Danach wurden wir von einer freundlichen Dame zum Delta-Schalter geschickt, da unser Anschlussflug schon weg war. Nach geduldigem Warten in der Schlange erfuhren wir zu unserer Überraschung, dass der Flug doch noch erreichbar war. Also gaben wir schnell unser Gepäck wieder auf, enterten die Maschine und landeten mit vier Stunden Verspätung in Peru. Unser Gepäck war dagegen nicht so glücklich, was wir am Gepäckband in Lima feststellen mussten. Per Computer erfuhren wir, dass unsere Taschen 24 Stunden später kommen sollten, die Krücken (Mitbringsel für Miguel) waren gänzlich verschollen.
"Da fällt mir ein Werbeslogan ein, ein ganz obszöner,
Wie ging der doch nur gleich? Ach ja, 'nur Fliegen ist schöner'!
Doch allmählich stellt sich bei mir die Erkenntnis ein:
Nur zu Hause bleiben kann noch schöner sein!"[3][3] "Willkommen an Bord" von Reinhard Mey.
Als wir schließlich die Empfangshalle betraten, wartete Miguel auf uns und brachte uns ins Hotel. Immerhin ein Lichtblick.
22. Juli (Freitag)
Unser erster Weg führte uns zum Flughafen, um das Nachsenden unseres Gepäcks zu organisieren. Erst nach telefonischer Anmeldung und persönlicher Durchleuchtung konnten wir bis ins Allerheiligste, das Büro von Delta-Airlines, vordringen.
Miguel schien über das fehlende Gepäck deutlich aufgeregter zu sein als wir, aber wir waren es ja auch schon gewohnt, dass unser Gepäck abhanden kommt.[4][4] Vergleiche Reisebericht Australien (2000) und diverse andere. So ließen wir uns unsere Sachen nach Nazca nachsenden und machten uns dann auf, mit dem Bus nach Ica zu fahren.
So muss eine typische Oase aussehen. Ich glaube, in Ägypten haben wir so ein Exemplar nicht gesehen.
23. Juli (Samstag)
Um 7 Uhr wollten wir vom Hotel aufbrechen und hatten eigentlich damit gerechnet, dass Miguel sich um das Wecken kümmern würde, aber als er dann um 6.55 Uhr etwas von "Aufstehen" murmelte, beschlossen wir, in Zukunft doch selber dafür zu sorgen.
Heute ging es mit dem Taxi nach Paracas und zu den Islas Ballestas. Wir wurden dabei von einem Taxifahrer gefahren und von einem Guide (Beifahrer) betreut, so dass Dirk und ich gleich zwei Betreuer (Miguel blieb zuhause) hatten. Wir fuhren zur Küste und von dort mit dem Schiff zu den Islas Ballestas, einer Gruppe von Inseln, auf denen sich Millionen von Vögeln tummeln. Dort wurde und wird daher Guano abgebaut, aber heutzutage verdient man das meiste Geld mit den Touristen, die den großen Vogelreichtum in annähernd gleicher Anzahl bestaunen.
Anschließend durchkreuzten wir mit unserem Taxi den Paracas National Park, der mit seinen schönen, abwechslungsreichen Stränden und Steilbuchten zum gemütlichen Erkunden einlud. Überraschenderweise war die Touristenwelle dort nicht angekommen, so dass wir die meiste Zeit in herrlicher Stille verbringen konnten, falls nicht
Zwei Pelikane warteten am Strand geduldig auf uns.
Abends reisten wir weiter nach Nazca, wo wir unsere Koffer in Empfang nehmen sollten. Als wir zum verabredeten Zeitpunkt am Busbahnhof aufkreuzten, wurden wir auf einen späteren Bus vertröstet. Das setzte sich so fort, dass wir die Sachen erst um 20.00 Uhr, dann um 22.00 Uhr, später um 23.00 Uhr und schließlich am nächsten Tag bekommen sollten. Naturgemäß waren wir begeistert, konnten aber nichts dagegen machen.
Eine andere Erkenntnis setzte sich zudem in unserem Kopf fest: Miguel verstand etliches, was wir an Fragen stellten, nicht und beantwortete diese dann nicht mit Nachfragen, sondern mit einem "Ja, ja!" Ab diesen Zeitpunkt verließen wir die Stufe der Ja-Nein-Fragen und stellten Fragen wie "Wann fährt der Bus ab?" anstelle von "Fährt der Bus um 20.00 Uhr?" So waren wir wenigstens im Bilde, ob wir uns verständlich ausgedrückt hatten.
24. Juli (Sonntag)
Duschen ist in Peru ganz einfach, wenn man keinen Wert auf einen kräftigen Strahl warmen Wassers legt. Teilweise kam so wenig Wasser aus der Leitung, dass es fast staubte, manchmal war man sich nicht sicher, ob man wirklich den warmen und nicht den kalten Hahn betätigt hatte. Nazca zu Abwechslung bot warmes Wasser an, allerdings erst nach einer viertel Stunde Vorlauf. Öfter mal was Neues.
Zunächst fuhren wir zum Flughafen, um einen Flug über die berühmten Linien von Nazca zu machen. Die Nazca-Linien sind Scharrbilder, die nach der Nazca-Kultur, die vor knapp 2000 Jahren dort lebte, benannt sind. Tatsächlich sind die Linien allerdings älter und somit unbekannter Herkunft. Die geometrischen Figuren und Bilder sind bis zu 10 km lang und gut aus der Luft zu erkennen, obwohl die meisten nur zwei bis drei Zentimeter tief sind. Wahrscheinlich dienten sie astronomischen Zwecken oder kennzeichneten unterirdische Wasservorkommen.
Das Flugzeug umkurvte jedes Bild in einem engen Radius (ca. 45° Schräglage) rechtsherum und linksherum jeweils ein
Die Linien von Nazca - hier der Affe - sieht man am besten aus dem Flugzeug.
Anschließend fuhren wir fast wie bei einer Kaffeefahrt mit einer gemieteten Tour in der Umgebung rund um Nazca herum, sahen bei der Goldgewinnung zu, besichtigten eine Töpferei, besuchten einen uralten Friedhof, auf dem die Knochen offen herum lagen, und bewunderten alte Wasserleitungen der Inka. Letztere waren trotz diverser Erdbeben, die die moderne Wasserversorgung immer empfindlich gestört hatten, gut erhalten. Am Abend konnten wir dann tatsächlich endlich unser Gepäck in Empfang nehmen. Es war gut verpackt in unzähligen Lagen von Plastikfolie aus Lima angeliefert worden. Sogar die Krücken fanden sich wieder an. Mit unserem Gepäck zusammen warteten wir ab 22.30 Uhr auf den Bus nach Arequipa.
25. Juli (Montag)
Er kam dann auch irgendwann, und wir waren schließlich auf dem Weg nach Arequipa. Wir lehnten uns in den wirklich bequemen Polstern des Luxus-Reisebusses zurück, ließen die nur von wenigen Lichtern unterbrochene Dunkelheit an uns vorbeitreiben und versanken langsam in Schlaf. Nach ca. zwei Stunden wachte ich auf, da der Bus stand, weil - was für ein zügiges Vorwärtskommen nicht gerade effektiv ist - er eine Panne hatte. Die beiden Busfahrer mühten sich eifrig, das Gefährt wieder flott zu bekommen, versagten in den folgenden zwei Stunden allerdings kläglich. Schließlich hieß es, dass der Bus hier nicht zu reparieren sei. Ein Ersatzbus aus Lima sollte schon bestellt sein. Ersatzbus aus Lima?
Farbenprächtige Gänge des Klosters von Arequipa.
In Arequipa ignorierten wir unsere schlecht verbrachte Nacht und den enttäuschenden Vormittag und erkundeten noch schnell das Monasterio de Santa Catalina, bevor es an dem Nachmittag die Pforten schloss.
26. Juli (Dienstag)
Heute begann unsere zweitägige Tour zum Colca-Canyon. Miguel, der Feilscher vor dem Herrn, berichtete stolz, dass er die Tour für uns auf 30 $ pro Person heruntergehandelt hatte. Nicht überrascht waren wir allerdings, dass auch die anderen Mitreisenden für den gleichen Preis unterwegs waren. Nach ein paar verwirrenden Fahrten durch die Stadt, die man schon mit sehr wenig Planung hätte deutlich optimieren können, ging es endlich los. An Bord waren außer uns, dem Fahrer und der Führerin drei ältere einheimische Damen, die versuchten, uns auf Keschua das Zählen beizubringen, ein Franzose, dem ich spontan den Namen Holger gegeben hätte,[6][6] Siehe nächster Tag. und ein weiteres Pärchen aus Lima. Bevor wir die Stadt verließen, gab es noch einen kurzen Stopp, um Coca-Bonbons und Coca-Blätter gegen die Höhenkrankheit zu erwerben. Und auch hier zeigte sich eine Abwandlung des alten Wer-am-häufigsten-zum-Arzt-geht-ist-am-meisten-krank-Syndrom: Das Pärchen aus Lima lutschte fleißig Bonbons und kaute Coca-Blätter, litt aber am meisten unter der Höhe, während Dirk und ich uns von
Lamas, Vincunas, Alpakas: Wer steigt da eigentlich noch durch? Aber weich und kuschlig sind sie alle.
Da für die Peruaner gerade tiefster Winter war, waren sie meistens dick eingemummelt unterwegs, Dirk und ich dagegen liefen eher spärlich bekleidet durch die Gegend, wie sich das im deutschen Sommer gehört, waren aber oft die einzigen, die gerade nicht froren.
Zunächst ging es mit kleinen Zwischenstopps an Vincunas, Lamas, Alpakas und Verkaufsständen vorbei stetig bergauf dem Höhepunkt[7][7] Zumindest rein geografisch im wörtlichen Sinne betrachtet. unserer Reise entgegen. Dabei trafen wir auch AJ, die wir schon in Nazca getroffen hatten. Sie wollte bis zum Grund des Colca-Canyons trecken, war allerdings von einem kurzen Spaziergang schon so erledigt, dass es fraglich schien, ob sie es jemals wieder von dort nach oben schaffen würde.
Der höchste Punkt unserer Reise lag ca. 5000 m über Meeresniveau, und es war ziemlich anstrengend, nur ein paar Meter den Hang hinauf zu laufen. Am besten bewegt man sich in dieser Höhe wenig bis gar nicht. Von dort ging es - wie sollte es auch anders sein - abwärts nach Chivay, wo wir das erste Mal Alpaka probieren konnten (sehr köstlich). Abends besuchten wir die dortige heiße Quelle (aqua calientes). Das Baden war sehr angenehm und hat Spaß gemacht, auch wenn es nicht so ein Erlebnis wie damals auf Island war,[8][8] Siehe Reisebericht Island (2002). wo man sich zusammen mit wenigen anderen Leuten direkt im Fluss erholen konnte. In Chivay wurde das Wasser dagegen in langweilige, quaderförmige, mit Touristen überquellende Schwimmbecken geleitet.
Am Abend sahen wir Folkloretänze und hörten die dazugehörige Musik. Besonders trickreich wurde hinterher Geld für die Artisten gesammelt. Erst grasten die Musiker die an den Tischen sitzenden Touristen ab, und man gib ja schließlich gerne etwas, wenn man während des Essens so nett mit Gesang und Tanz erfreut wurde. Als diese wieder weg waren, erschienen plötzlich die Tänzer auf der Bildfläche, da bisher angeblich nur für die Instrumentenspieler gespendet
Das hätte ich auch gerne mitgenommen.
27. Juli (Mittwoch)
Heute wollten wir um sechs Uhr Richtung Cruce del Condor starten, so dass Dirk und ich die Weckzeit auf 5.20 Uhr festlegten. Da wir als einzige in einem anderen Hotel untergekommen waren, mussten wir uns selber darum kümmern. Aber wie wird man um diese Uhrzeit wach?
Dirks Wecker war kaputt, und die Überreste schlummerten friedlich im Gepäck in Arequipa, wo wir einen Großteil zurückgelassen hatten. Mein Handy hatte aufgrund von Problemen mit der Netzspannung beim Aufladen schon direkt nach dem Einstellen der Weckzeit seinen Geist wegen mangelndes Batteriestands aufgegeben. Also tuffelte ich im Hotel herum, bis ich jemanden fand, dem ich mit Händen und Füßen auf Spanisch zu erklären versuchte, dass wir geweckt werden wollten. Er verstand mich auch - ich merkte das daran, dass er es einem anderen Angestellten auf Spanisch erklärte und mir dieser die Weckzeit auf Englisch bestätigte - machte sich allerdings - trotz Nachfragen meinerseits - keine Notizen. Wir waren gespannt.
Überraschenderweise wurden wir sogar geweckt, wenn auch nicht vom Hotelpersonal, sondern von meinem Handy, das sich trotz leerem Akku noch zu seinem Weckdienst aufraffen konnte.
Spätestens beim Frühstück kam der Franzose zu seinem Spitznamen Holger. Schon am Vortag war er dadurch aufgefallen, dass er - obwohl er mit den anderen Mitreisenden in einem ganz anderen Hotel wohnte - gemeinsam mit uns ausstieg, während die anderen weiter fuhren. Am selben Abend begleitete er uns zu unserem Hotel, bis er merkte, dass wir gar nicht seine Behausung anstrebten. Aber zurück zu heute: Dirk und ich saßen gerade beim Frühstück (Brötchen mit Marmelade, wie in Peru üblich, da Käse und Wurst zu teuer sind), als der besagte Mitreisende herein kam und sich zu uns setzte. Als wir ihn verwundert
Ein fliegender Condor ist eine imposante Erscheinung.
Anschließend ging es endlich zum sagenumwobenen Colca-Canyon, dem größten Canyon der Welt. Dass sich der Grand Canyon in den USA und eine weitere Schlucht in Südafrika mit dem gleichen Attribut schmücken, liegt an einer geschickten Auslegung von "groß", was sich je nach eigenem Gusto mit "Breite", "Tiefe", "Länge" oder "maximaler Abstand vom höchsten bis zum niedrigsten Punkt" definieren lässt. Wir waren allerdings auch eher an der Tierwelt interessiert, weil es am dortigen Cruz del Condor[9][9] Kreuz des Kondors. eben solche[10][10] Kondore natürlich, nicht Kreuze. zu sehen gab. Kondore haben unter allen flugfähigen Vögeln mit gut drei Metern die längste Flügelspannweite, so dass sie wirklich einen Ausflug wert sind, so sie denn gerade kreisen. Wir (und etliche andere hundert Touristen) hatten Glück und konnten sogar fünf verschiedene Exemplare unter und über uns vorbeifliegen sehen.
Zurück in Arequipa sahen wir Werbung für eine neu eröffnete Pizzeria, die unserer Meinung nach ein unschlagbares Angebot hatten: Für vier Soles (ca. 1 €) gab es eine große Pizza und einen großen Topf Eis dazu. Wir studierten das Angebot genau und fragten dreimal beim Türsteher nach, ob wir es auch richtig verstanden hatten, bevor wir dort unsere Pizza bestellten. Wir waren sehr misstrauisch, da schon eine normale Pizza deutlich teurer war, dort aber etliche Kunden saßen, die von dem unschlagbaren Angebot keinen Gebrauch machten. Beim Bezahlen stellte sich dann allerdings heraus, dass das beworbene Produkt etwas anders funktionierte: Wenn man eine große Pizza bestellt, dann bekommt man für vier Soles einen großen Topf Eis dazu. Mein Spanisch war wohl doch noch nicht perfekt.
28. Juli (Donnerstag)
Heute musste diese sehenswerte Stadt nun natürlich auch touristisch erobert werden. Obwohl "Fiestas Patrias", ein bedeutender Feiertag, anstand, waren die meisten Museen geöffnet, so dass unsere Befürchtung, zu wenig von der Stadt besichtigen zu können, unbegründet war. Allerdings bekamen wir von den Feierlichkeiten auch wenig mit, so denn irgendwo welche stattfanden.
Um 16.30 Uhr standen wir am Busbahnhof und machten uns von dort zum Titicaca-See auf. Die dreiviertel Stunde Verspätung beim Losfahren und die zusätzliche halbe Stunde, die während der Fahrt auflief, wurden von uns mit Ignoranz bestraft.
29. Juli (Freitag)
Mit dem Schiff ging es raus auf den Titicaca-See, als Erstes zu den schwimmenden Inseln der Uros. Die Uros sind ein Volk, das sich vor den kriegerischen Inkas schützen wollte, indem sie sich auf den See zurückzogen. Sie bauten aus mehreren Lagen Schilf schwimmende Inseln, auf denen sie auch heute noch leben - jedenfalls für die Touristen, die natürlich gerne solche Inseln besichtigen und - was viel wichtiger ist - fotografieren wollen. Von außen sahen die kleinen Inseln mit den winzigen Häusern darauf sehr malerisch aus, leben möchte ich dort allerdings nicht.
Die schwimmenden Inseln der Uros werden aus Schilf gebaut.
Anschließend ging es weiter rein in den See, wobei damit nicht gemeint ist, dass wir uns eines U-Bootes bemächtigten. Wir steuerten die Insel Amantani an, wo viele Menschen noch sehr ursprünglich leben. Bei der Ankunft wird man auf Familien aufgeteilt, die einen bewirten und das Übernachtungsquartier stellen. Die Familien nutzen diese Einnahmequelle, um ihr kärgliches Einkommen etwas aufzubessern. Auf Amantani werden Keschua und zum Teil auch ein paar Brocken Spanisch gesprochen, so dass sich die Konversation für uns als schwierig, aber nicht völlig unmöglich erwies. Kurz vor drei Uhr gab es Mittagessen, worauf wir sehr gespannt waren, da wir als einzige Information hatten, dass es kein Fleisch geben würde, da Fleisch für die Bewohner nahezu unbezahlbar ist. Stattdessen gab es eine wohlschmeckende Quinoa-Suppe, eine örtliche Getreideart. Danach gab es verschiedene Gemüsearten (u. a. Kartoffeln). Die anderen (unbekannten) Sorten sahen weitestgehend wie Maden aus und schmeckten - da ohne jegliche Soße angeboten - etwas trocken.
Am späten Nachmittag bestiegen wir mit der Reisegruppe den Gipfel der kleinen Insel und besichtigten die Ruinen des dortigen Sonnentempels. Dabei offenbarte sich unter anderem auch das Ausmaß der Touristen. Bisher waren wir von ca. 30 Leuten ausgegangen, jetzt stellte sich heraus, dass die Zahl bei mehreren hundert lag.
Richtig ruhig und angenehm wurde es auf dem Gipfel erst, als die Sonne unterging, weil nun die meisten Touristen schnell in die Dörfer der Insel strebten, da es innerhalb kurzer Zeit sehr dunkel sein würde. In der Nähe des Äquators geht dies viel schneller als bei uns in Deutschland. Dirk und mich störte das nicht. Wir nutzten die Zeit, um das herrliche Sternenzelt über uns zu genießen und schlenderten ganz gemütlich ins Tal. Wir standen gerade auf halber Höhe, als die beiden wahrscheinlich letzten einheimischen Frauen uns auf dem Weg nach unten überholten. Als sie uns allerdings bemerkten, wurden sie hysterisch, fingen an zu schreien, bewarfen uns mit Steinen und flüchteten vor uns ins Dorf - in der Vermutung, dass sie gerade zwei bösen Geistern begegnet waren.
Wir brachen nun auch ins Dorf aus, aus dem nur Minuten später eine Gruppe starker Männer mit Licht bewaffnet entgegenkam, um den Teufel von der Insel zu vertreiben. Als sie uns erkannten, begannen sie eine Diskussion mit uns, der wir allerdings nicht folgen konnten. Sie wollten wissen, ob wir rotes Licht hätten, was wir ihnen aber nicht bieten konnten, da Dirks Taschenlampe nur weiß strahlte. So ließen sie uns ein wenig unbefriedigt weiterziehen. Erst später fiel mir ein, dass ich oben auf dem Berg gerade mit der Kamera und Nachtaufnahmen experimentiert hatte, und die Kamera stellt die Schärfe durch Aussenden roten Lichts ein, was die beiden Frauen wohl erschreckt hatte.
30. Juli (Samstag)
Nach dem Frühstück ging es mit dem Schiff weiter zur Insel Taquile. Dort wurde gerade ein Fest gefeiert, wozu extra Leute von weiter entfernt angereist waren, die dort auf dem Marktplatz musizierten und tanzten. Insgesamt hörten wir allerdings nur ein Musikstück, was eine Länge von ca. 20 Minuten besaß. Die Melodie war eingängig, so dass man das ungefähr zehn Sekunden lange Stück, was sich ohne Unterlass wiederholte, spätestens beim dritten Mal mitpfeifen konnte. Es ergaben sich dazu auch genug Möglichkeiten, da es mehr als 100-mal wiederholt wurde, von kleineren Variation durch mangelhaft abgestimmtes Zusammenspiel mal abgesehen. Anschließend ging es wieder nach Puno zurück, wo wir die Nacht verbrachten. Miguel starte schon Richtung Cuzco, um unsere triumphale Ankunft dort vorzubreiten.
31. Juli (Sonntag)
Ohne Miguel zum Busterminal gelangen? Das sollte eigentlich nicht schwierig sein. Tatsächlich setzte uns unser Taxi auch genau dort ab, allerdings am falschen, wir mussten nämlich zu einem privaten Terminal. Das war allerdings nichts, was uns vor Probleme stellte.
In Cuzco kann man herrliche Nachtaufnahmen machen.
Die Fahrt nach Cuzco war glücklicherweise mit einigen Zwischenstopps gespickt, so dass wir nicht das Gefühl hatten, diesen Tag durch die Fahrt zu verschwenden. Erstaunlich bei unserer Reise durch Peru war, dass wir immer wieder die gleichen Leute trafen, was daran lag, dass die Reihenfolge, in der wir die Attraktionen dieses Landes abklapperten, weit verbreitet war. Auf dieser Fahrt trafen wir zwei Frauen samt Tochter wieder, die aus den Niederlanden stammten. Mich haben sie besonders dadurch fasziniert, dass sie untereinander Flämisch sprachen. Flämisch ist ein witzig anzuhörender Sprachmix, der mit guten Kenntnissen in Deutsch und Englisch, sowie ein paar Brocken Französisch zu verstehen ist. Sprechen kann man es dadurch noch lange nicht. So konnte ich die ungefähr sechsjährige Tochter prima verstehen, sie mich dagegen nicht. Wir vermitteln ihr einen kleinen Einblick ins Skatspiel, und sie durfte für einen von uns die Karten einer Oma (ein Spiel, was man mit geschlossenen Augen gewinnt) legen. Danach meinte sie, Skatspielen zu können.
1. August (Montag)
Cuzco ließen wir zunächst links liegen und begaben uns mit Miguels Bruder als Fahrer ins so genannte Sacred Valley. Dort lag das Hauptgebiet der Hochkultur der Inka, und das ist einer der Gründe (aber nicht der einzige), warum man
Die Salinas werden noch heute zur Salzgewinnung eingesetzt.
Schließlich erreichten wir Urubamba, wo Miguel uns voller Stolz sein kleines Hotel (ca. zehn Übernachtungsmöglichkeiten), das er gerade in Urubamba aufbaut, zeigte. Bedenklich stimmte Dirk und mich dagegen, dass in der Nachbarschaft in den letzten Jahren einige große und moderne Hotels hochgezogen wurden. Außerdem hat er unserer Meinung nach mit Zimmern, die keine eigene Nasszelle haben, sondern ein WC, was im Garten steht, auf das falsche Pferd gesetzt.
Abends setzt Miguel uns schließlich in den Zug nach Machu Picchu. Machu Picchu ist quasi der Ayers Rock von Peru: Es liegt mitten in der Pampas, kostet viel Zeit und Geld, es zu erreichen, ist von Touristen überlaufen, und trotzdem gehört es zu einem Peru-Urlaub dazu. Schon die Anreise, die nur mit der Bahn möglich ist, führt durch eine malerische Umgebung, die sich uns zwar nicht ganz erschließen konnte, da es draußen bereits dunkel war, aber dafür freuten wir uns schon auf die Rückreise, die tagsüber stattfinden würde - dachten wir bis dahin zumindest noch.
Am Bahnhof sollten wir von einer Angestellten des Hotels abgeholt werden. Nach kurzem Suchen fanden wir ein Schild mit der Aufschrift "Eyque Aler", was ich zielsicher und völlig richtig als meinen Namen identifizierte. Sogar der Guide für den kommenden Tag war aufzutreiben und wies uns eine englischsprachige Gruppe zu.
2. August (Dienstag)
Kurz vor sechs Uhr klingelte der Wecker, die heiße Dusche war zumindest nicht eiskalt, wir bekamen ein Glas Orangensaft und ein paar
Blick auf den Machu Picchu.
Machu Picchu ist eine gut erhaltene Ruinenstadt der Inka und mit durchschnittlich 2000 Personen pro Tag ein der am häufigsten besuchten Touristenattraktionen Südamerikas. Gegründet wurde die 2360 m hoch gelegene Stadt um 1450 von Pachacutec Yupanqui, einem Herrscher der Inka. Die Stadt war durch ihre Lage für die spanischen Eroberer unsichtbar und ist dadurch der Zerstörung entgangen. Die Stadt umfasste mehr als 200 steinerne Bauten, die mit einem System von Treppen verbunden waren. Sinn und Zweck dieser Stadt sind bis heute umstritten. Es existieren über sie keine Überlieferungen bzw. wissenschaftlichen Aufzeichnungen, weshalb nur Vermutungen angestellt werden können. Entdeckt wurden die Ruinen erst durch Zufall am 24. Juli 1911 von Hiram Binghams, der auf der Suche nach einer anderen Stadt der Inka war. Die UNESCO erklärte Machu Picchu 1983 zum Welterbe.
Die Gruppe, der wir zugeteilt wurden, war nicht ganz unser Stil. Der erste wäre fast noch vor Sonnenaufgang eine Klippe hinunter gesprungen, ein Teil der Gruppe war so abhängig von Nikotin, dass kaum eine halbe Stunde ohne den erquickenden Duft von Zigarettenqualm verging, und als der Führer Koka-Blätter verteilte, griffen alle so begeistert zu, als wären sie ein Haufen Junkies, die auf unfreiwilligem Drogenentzug waren.
Nach der Führung erklommen wir den Huayna Picchu (auch Wayna Picchu), von wo aus man eine atemberaubende Sicht über die Stadt hat. Der Pfad dort hinauf ist so eine Mischung zwischen Abenteuerpfad und Hochseilgarten ohne Hochseil und hätte beim deutschen TÜV sicherlich eine Menge Herzinfarkte ausgelöst. Anschließend wanderten wir weiter über einen kleineren Berg bis zum Sonnentempel,
Machu Picchu bei Sonnenaufgang.
Um kurz nach 4 Uhr suchten wir den Bahnhof (bzw. die Stelle, an der wir ausgestiegen waren) auf, da unser Zug um 16.20 Uhr fahren sollte. Zu unserer Überraschung waren dort nur wenige Leute und nicht das erwartete Gedränge. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass die Abfahrt woanders stattfand, was aber kein Problem darstellte, da wir gut in der Zeit lagen. Am Abfahrtsort (der Bahnhof, der gerade renoviert wurde) stellte sich heraus, dass unser Zug ca. 30 bis 40 Minuten Verspätung haben würde. Während der 17.00 Uhr Zug der 1. Klasse und ein weiterer Zug von Dannen rollten, stieg der Unmut der Wartenden in gleichem Maße wie unsere Verspätung. Im Endeffekt belief sich sie sich auf mehr als zweieinhalb Stunden.[11][11] Ich liebe Bahnfahren? Vielleicht sollte ich das noch mal überdenken. Die Gruppe Japaner, die während der Rückfahrt eine halbe Stunde lang Aufnahmen von einem aus einer Socke hervorstehenden Zeh aus diversen Winkeln machten, sei hier nur am Rande erwähnt.
3. August (Mittwoch)
Weiter ging es durch das Sacred Valley an vielen Attraktionen vorbei bis Saqsaywaman, ein Name, der ungefähr "Sexy Woman" ausgesprochen wird,
Ruinen von Pisac.
Meerschweinchen mögen viele von uns, Peruaner haben sie sogar zum Fressen gern. Wie kann man etwas essen, mit dem etliche von uns (mich eingeschlossen) früher als Haustier gekuschelt haben? Meine damaligen Hausgenossen hätte ich wohl nicht verputzt, aber ein anderes Tier dieser Gattung? Kein Problem!
Na ja, fast keins. Zunächst ließ das Essen so lange auf sich warten, dass wir annehmen mussten, das Restaurant hätte nur noch ein Paar und müsste nun erstmal Nachwuchs für unser Essen züchten. Ein zweites Problem (besser gesagt Herausforderung) war die Größe. Man stelle sich ein durchschnittliches Meerschweinchen vor und ziehe alles ab, was nicht essbar ist (z. B. Knochen). Was bleibt übrig? Wenig! Auch war es ungewohnt und ein wenig abschreckend, dass wir etwas aßen, was uns dabei zusah. Der Kopf war nämlich noch vollständig dran. Trotzdem schmeckte es mir gut und gab erstaunliche Eindrücke in die Anatomie dieser Säugetiere. Wer weiß schon, wie das unverdaute Gras im Magen dieser Nager aussieht oder wie genau das Gebiss aufgebaut ist?
4. August (Donnerstag)
Heute war der Tag der Kirchen und Museen in Cuzco. In dieser Stadt kommt es gelegentlich zu schweren Erdbeben, so dass eigentlich jede Kirche schon mal eingestürzt ist oder zumindest Risse davon in den Wänden zurückbehalten hat. Wenn sich dann mal wieder die Erde bewegt, holt die Bevölkerung das Kreuz "El Senor de los Templores" und trägt es durch die Straßen. Wie durch ein Wunder hören die Erdbeben dann früher oder später auf.
Die Museen und Kirchen haben uns gut gefallen, aber wir haben dabei gemerkt, dass unsere Aufnahmekapazität erreicht oder sogar schon überschritten war. Immerhin kamen wir so gut zurecht, dass wir uns ohne Sorgen von Miguel trennen und ihn nach Hause entlassen konnten.
Sich in einer fremden Stadt in einer fremden Sprache in einen Busplan einzulesen ist eine der Aufgaben, denen man gerne aus dem Weg geht - insbesondere, wenn es gar keinen Plan zu geben scheint. Deshalb haben wir Wege, die sich nicht zu Fuß erledigen ließen, meistens mit dem Taxi zurückgelegt. Positiv war dabei, dass man für den Preis eines normalen deutschen Bus-Tickets in Peru quer durch die Stadt gefahren wird. Die meisten Taxifahrer versuchten früher oder später eine gepflegte Konversation in Gang zu bringen. Oft begann sie mit der Frage nach unserer Herkunft, die sich noch leicht beantworten ließ. Danach kramten die Fahrer im tiefsten Inneren ihres Kopfes nach Assoziationen zum Thema "Alemania". Als Erstes tauchten dabei des Öfteren "Bayern München" und "Claudio Pizarro" auf, Themen, bei denen Dirk und ich nur eifrig "Si, si!" sagen konnten. Andere Verknüpfungen zu Deutschland mussten wir dagegen kategorisch verneinen - so z. B. ein freudestrahlend entgegengebrachtes "Heil Hitler".
5. August (Freitag)
Nachdem wir uns den Rest der Sehenswürdigkeiten und sehenswerten Museen vorgenommen hatten - zumindest die, die sich nicht gerade im Streik befanden - war es auch wirklich genug für uns. Am Abend sahen wir uns noch eine kleine Tanzshow an, und dann hatten wir wirklich alles in Cuzco gesehen.
6. August (Samstag)
Heute ging es mit dem Flugzeug zurück nach Lima. Das hieß: Aufstehen um 5.00 Uhr und Einchecken um 6.00 Uhr.
Schon wieder Cuzco bei Nacht.
Für uns war also kein Platz mehr in der Herberge, Verzeihung Maschine, aber wir wurden auf die Warteliste gesetzt und könnten fliegen, falls nicht alle Passagiere erschienen. Wir waren natürlich ganz und gar nicht begeistert und sprachen eine Stunde später wieder vor. Bis dahin hatte sich an der Situation nur geändert, dass der Flug nun definitiv voll war, und ungefähr zehn andere Passagiere waren genau wie wir beim Einchecken wegen Überbuchung abgeblitzt und harrten auf ihren Zugang zum Flugzeug. Aber um 11.00 Uhr sollte eine Maschine starten, in der wir mitfliegen könnten. Wir harkten nach, ob dort etwas frei sein. Pustekuchen! Nach zehn Minuten hin und her stellte sich heraus, dass wir dort - wie auch schon beim gerade abgebenden Flug - bestenfalls ganz oben auf der Warteliste ständen. Das war nicht nach unserem Geschmack, da wir Sonntag frühmorgens von Lima nach Iquitos aufbrechen mussten. Wir wollten definitiv dorthin und nicht auf irgendeiner Warteliste versauern.
Die für uns zuständige Dame war sehr beschäftigt und wollte uns vertrösten, wobei sie gleichzeitig mit wenig Erfolg versuchte, vier bis sechs Dinge nebeneinander zu erledigen. Während wir in Gedanken überlegten, ob wir mit einem Bus rechtzeitig in Lima ankommen würden oder was ein Taxifahrer sagen würde, wenn wir ihn zu dieser mehr als zwölfstündigen Fahrt anheuern würden, entdeckt Dirk, dass es in dem Flugzeug eine 1. Klasse geben musste. Wir traten der Dame am Schalter verstärkt auf die Füße und sprachen sie darauf an. Es dauerte eine viertel Stunde, bis sie uns wieder eine Minute Aufmerksamkeit schenken konnte, aber immerhin fand sie heraus, dass dort zumindest ein paar Plätze noch frei waren. Bald darauf hatten wir tatsächlich Bordkarten für die 1. Klasse in den Händen, und als nach mehrfacher persönlicher Aufforderung auch endlich unser Gepäck auf dem Gepäckband verschwunden war, konnten wir endlich beruhigt in den Wartebereich vordringen.
Den halben Tag in Lima nutzten wir für einen Ausflug in das sehenswerte "Museo de National de Peru", in dem die gesamte Geschichte Perus
Schmetterling.
Nachdem wir zu Abend gegessen hatten, fanden wir zufällig einen Supermarkt, den wir uns ein wenig von innen ansahen. Es stellte sich heraus, dass es ein Fehler war, dass wir vorher gegessen hatten, da in vielen Gängen irgendetwas zum Probieren angeboten wurde. Dort hätten wir kostenlos Abendessen bekommen können.
7. August (Sonntag)
Für heute stand der Flug nach Iquitos auf dem Programm. Welche Besonderheit sollte heute auf uns warten? Wie würde uns die Reise dieses Mal 'versüßt' werden? Nein, es gab keine Probleme, wenn man von der einen Stunde Verspätung absah. Für unsere Verhältnisse war das also schon ein optimaler Flug.
In Iquitos bestiegen wir die Rio Amazonas, ein altes, etwas baufällig wirkendes Schiff, das seine besten Jahre schon ein paar Jahrzehnte hinter sich hatte. Bösartig formuliert ging es den anderen Passagieren an Bord genauso. Das Durchschnittsalter der anderen Mitfahrer lag jenseits von Gut und Böse ca. 30 Jahre über uns. Trotzdem (und auch deswegen) waren es nette Leute, also vor allem ein Haufen lebenslustiger Senioren, mit denen wir gut zurechtgekommen sind. Mit von der Partie war auch Indianer Jones "Nick Paine", der uns sofort durch seine ungewöhnliche Kleidung ins Auge stach: Rechts trug er ein niedliches Jagdmesser mit einer Klinge im unteren zweistelligen Zentimeterbereich, links eine weitere Klinge, die ein bis zwei abgeschnittene Daumen länger war. Den Rücken krönte eine Machete, wie sie Crocodile Dundee in New York einsetzte. Später stellte sich dann heraus, dass er Dokumentarfilme über die Essgewohnheiten Einheimischer drehte.
Am Nachmittag hielten wir im Urwald an und besichtigten eine alte Rum-Destillerie, bei der es sich nicht um viel mehr als eine überdachte rostige Maschine handelte. Hinterher konnte man verschiedene Sorten des alkoholhaltigen Getränkes probieren und - natürlich - kaufen.
8. August (Montag)
Wie stellt man sich den Regenwald vor, wie er sich vom Fluss aus präsentiert? Die nächste Stadt ist eine halbe Ewigkeit entfernt, alle paar Stunden sieht man ein
Einwohner, die normale Kleidung anhaben.
Vormittags besichtigten wir ein vermeintlich typisches Urwald-Dorf. Draußen liefen die einheimischen Kinder und Jugendlichen in westlicher Kleidung herum, im Dorfhaus dagegen warteten die Erwachsenen in traditioneller Kluft mit alten Tänzen auf. Anschließend konnte man lokal hergestellte Souvenirs kaufen. Besonders viel kaufmännisches Talent bewies dabei eine mitfahrende ältere Dame. Ihr Mann hatte eine Souvenir von 5 $ auf 3 $ heruntergehandelt, sie bezahlte aber nur 2 $ und eine original amerikanische Baseballkappe, die sie zuhause für 3,50 $ erstanden hatte.
Am Mittag besuchten wir das Domizil des Malers Francisco Grippa-Pevas, der dort einen sehr guten Ruf besitzt, weil er sich für die lokale Bevölkerung einsetzt. Wir konnten mit seiner Kunst allerdings nicht viel anfangen.
Am Nachmittag machten wir eine Tour durch den nahezu unberührten Dschungel auf einem gut ausgetretenen Pfad. An Tieren fanden wir außer den oben erwähnten Vögeln viele Insekten, aber nichts Größeres. Dafür bekam unsere Touristengruppe Nachwuchs,
Einwohner, die für die Touristen angezogen sind.
Nach Einbruch der Dunkelheit fuhren wir mit dem kleinen Beiboot raus, um den Dschungel in der Dunkelheit vom Wasser aus zu erkunden. Unser Führer leuchtete mit einer starken Taschenlampe das Ufer ab, bis er zwei kleine Punkte am Ufer aufblitzen sah: Augen von Kaimanen. Während er den Kaiman weiter blendete, lenkte der Bootsführer das Gefährt ans Ufer, unser Führer griff beherzt mit der Hand zu und hatte tatsächlich einen jungen Kaiman gefangen, der dann so lange hochgehalten wurde, bis alle Touristen ihre Fotos gemacht hatten, und anschließend wieder in die Freiheit entlassen wurde.
9. August (Dienstag)
Regenwald setzt sich zusammen aus Regen und Wald. Mit Wald war es teilweise (wie oben beschrieben) sehr wenig geworden, mit Regen auch. Das Wetter war während unseres Aufenthaltes meist sehr trocken, es war nicht schwül und regnete nun an zwei der sieben Tage.
In der ersten Tageshälfte machten wir eine Erkundungstour, um Vögel zu beobachten. Netter Nebeneffekt war, dass wir bei der Hütte eines Einheimischen vorbeikamen, der in der vergangenen Nacht einen ausgewachsenen Kaiman gefangen hatte und diesen nun über offenem Feuer knusprig briet. So konnten wir die Riesenechse probieren. Der leichte Fischgeschmack des kulinarischen Leckerbissens sorgte allerdings dafür, dass es nicht mein Lieblingsessen werden wird.
Anschließend besichtigten wir ein Dorf und darin die örtliche Schule. In ihr wurden gerade drei verschiedene Jahrgänge
Typisches peruanisches Haus.
Am Nachmittag ging es zum Angeln, oder - was es vielleicht besser beschreibt - Fische füttern. In einer Stunde haben Dirk und ich unzählige Köder an die Piranhas gesponsert, dafür aber gerade mal drei Fische gefangen, die teilweise deutlich in die Kategorie "winzig" fielen. Insgesamt lagen wir damit ungefähr im unteren Mittelfeld, da es auch Mitreisende gab, die nicht einen Treffer hatten. Außerdem kann ich mich damit rühmen, dass ich einen der beiden einzigen verwertbaren Fische (Catfish) gefangen habe - ein kleiner Beitrag zum nächsten Mittagessen. Unser Profiangler (siehe oben) stand am Ende mit leeren Händen da.
10. August (Mittwoch)
Heute strandeten wir mit dem Schiff in Leticia, bzw. Tabatinga. Beides ist eine Stadt, die zum Teil in Brasilien und zum Teil in Kolumbien liegt. Wir gingen in Brasilien an Land und fuhren nach Kolumbien, wo wir der Obhut eines örtlichen Reiseführers übergeben wurden, der uns
Vogel.
Passend war der Ausspruch eines Mitreisenden, der wegen seiner touristischen Erscheinung von seiner Frau getadelt wurde: "Wenn ich viel Geld bezahle, um ein Tourist zu sein, dann will ich auch so aussehen."
11. August (Donnerstag)
Jetzt waren wir wieder auf dem Weg zurück nach Iquitos, fuhren also den Amazonas wieder stromaufwärts. Dabei spielte sich das Programm, das wir stromabwärts genossen hatten, nun im Wesentlichen in umgekehrter Reihenfolge ab. Eigentlich kam nicht viel Neues dazu. Dirk nutzte die Zeit, um gemütlich krank zu werden und seine Zeit im Bett zu verbringen, während ich an einer weiteren Tour durch den Regenwald und an einem Ausflug zur San Pablo Mission teilnahm.
Die Natur lockt mit schönen Farben …
12. August (Freitag)
Vormittags besuchten wir ein vermeintlich typisches Urwald-Dorf. Draußen liefen die einheimischen Kinder und Jugendlichen in westlicher Kleidung herum, im Dorfhaus dagegen warteten die Erwachsenen in traditioneller Kluft mit alten Tänzen auf. Anschließend konnte man lokal hergestellte Souvenirs kaufen.
Wem kommt dieser Text bekannt vor? Es ist genau der gleiche, den ich schon am Montag in den Reisebericht geschrieben habe. Er passt auch hier so gut, weil wir zwar ein anderes Dorf besichtigt haben, sich das Drumherum allerdings äußerst ähnlich gestaltete.
13. August (Samstag)
Nach dem Frühstück verließen wir mit dem kleinen Beiboot die Rio Amazonas und kehrten nach Iquitos zurück. Das große Boot konnte wegen Wassermangel nicht an der Anlegestelle einfahren.
Iquitos hat nicht so viele Sehenswürdigkeiten zu bieten, so dass wir uns zum Markt von Belén, einem Stadtteil von Iquitos aufmachten. Dort gibt es hunderte von Ständen mit viel Fisch (teilweise noch lebend nach Luft schnappend), Milliarden von Fliegen, Schildkröten, die gerade geschlachtet werden, unzähligen Straßenkötern, die versuchen, den einen oder anderen Bissen Fleisch zu erhaschen, und auch einigen Tieren, die nicht mehr zu erkennen waren. Der Ekelfaktor war relativ hoch, so dass man dort leicht zum Vegetarier werden konnte.
Auf dem Weg zurück zur Anlegestelle, wo unser Gepäck auf den Flug zurück nach Lima wartete, stellte sich die Frage, was sich die Fluggesellschaft diesmal hatte einfallen lassen, um uns den Spaß am Fliegen zu verderben. Diesmal war unser Flug ersatzlos gestrichen worden, so dass wir auf einen späteren Flug umgebucht wurden. Allerdings war noch nicht klar,
… der Markt schreckt ab mit einem enormen Angebot an Fliegen und geschlachteten Schildkröten.
Der Flug am Abend fand dann schließlich doch noch statt, und immerhin kam diesmal auch unser Gepäck rechtzeitig in Lima an.
14. August (Sonntag)
Wir entschlossen uns, die restlichen wichtigen Museen von Lima abzuklappern, besuchten das "Museo de Historia Natural" und landeten schließlich im "Museo de Oro del Peru", was aus einem Goldmuseum (schon der Eintrittspreis deutete darauf hin) und einem Waffenmuseum besteht. Die Sammlungen sahen beeindruckend aus, aber die Vitrinen waren völlig überfüllt. Um ein wirklich willkürliches Beispiel zu nennen: So gab es alleine drei jeweils vier Quadratmeter große Schaukästen, in denen sich je ca. 200 verschiedene Paare von Sporen drängten. Beschriftungen gab es dagegen keine. Auch war die Zusammenstellung etwas wahllos, so dass sich unter den deutschen Orden auch Auszeichnungen zum Schützenkönig oder Medaillen vom Turnverein befanden. Dort, wo noch ein bisschen Platz in der Auslage war, wurde im Extremfall etwas hingelegt, was rein gar nichts mit dem Rest zu tun hatte. So lag mitten zwischen eine Sammlung alter Ruder plötzlich ein menschlicher Schädel.
Danach besuchten wir den örtlichen Zoo und studierten dort die einheimischen Tiere und Kinder. Für letztere schien das größte Erlebnis an diesem Tag zu sein, dass sie sich auf ein Plastik-Pferd setzen durften.
15. August (Montag)
Wir ließen unser Gepäck im Hotel zurück, da unser Flug erst kurz vor Mitternacht ging, und besuchten die Kirchen, Klöster und Sehenswürdigkeiten der Stadt, die durchaus sehenswert sind. Trotzdem merkte man, dass schon ein wenig die Luft bei uns raus war. Unsere Aufnahmekapazität war erreicht, und es wurde Zeit für uns, wieder nach Deutschland zurückzukehren.
Zwischendurch enterten wir erneut einen Supermarkt, um ein paar originale peruanische Erzeugnisse zu ersteigern. Wir betraten das Geschäft durch den riesigen Kassenbereich im Erdgeschoss und fanden das
So wird der Verkehr für Fußgänger geregelt.
Kurz vor Mitternacht traten wir endlich unseren Heimflug an.
16. August (Dienstag)
Wir mussten erneut in Atlanta (USA) zwischenlanden, wo wir wieder weit über eine Stunde warten mussten, bis wir unseren Fingerabdruck abgeben und schließlich das "Gelobte Land"[13][13] Zumindest kommt man sich bei der Kontrolle wie ein unwürdiger Bittsteller vor. für die Durchreise betreten durften. In Atlanta gab es abermals ein Unwetter, so dass wir diesmal mit dem Starten warten mussten, aber im Endeffekt landeten wir doch mehr oder weniger im Zeitplan in Frankfurt.